Wächtersbach: Vom sonnigen Herbstwetter begünstigt, unternahmen die Freunde Châtillons ihren diesjährigen Herbstausflug nach Frankreich. Reims und die Champagne waren das Ziel. Mit der Krönungsstadt der französischen Könige und dem Land des prickelnden Edelgetränkes Champagner war es eine gute Wahl. Der Weg führte aber auch an den berüchtigten Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges von Verdun vorbei. Und so gab es neben vielem Schönen und Interessanten auch nachdenkliche Momente auf dieser Reise. Der Goldene Oktober stellte sich schon bei der Abfahrt in Wächtersbach ein und blieb den Reisenden vier Tage lang treu. Die Teilnehmer der Sprachkurse des Vereins der Freunde von Châtillon, Vonnas, Baneins in Wächtersbach waren auf ihrer Jahresexkursion nach Frankreich. Nicht nur der schön klingenden französischen Sprache, sondern auch dem Land und seiner Kultur wollen die Sprachschüler mit den Fahrten näher treten. Burgund, Straßburg, Paris, Lothringen und das Beaujolais waren es in den vergangenen Jahren. Dieses Mal hat die Präsidentin, Marianne Leschinger, die Champagne auserkoren.
Die unendlich weiten Felder dieses Landstriches, auf denen einst, vor über 1500 Jahren, Attila mit seinen Hunnen bei einem seiner Beutezüge geschlagen und vertrieben wurde, hießen damals noch Katalaunische Felder. Heute gedeihen hier der gute Chardonnay und andere Trauben, aus denen der feinperlige Champagner gemacht wird. Zunächst aber, kurz vor Reims, noch ein Innehalten bei Verdun. Einer der Reiseteilnehmer, Volker Kirchner, war hier schon des Öfteren und hat die Geschichte der Schlacht studiert. Nun kann er bei Douaumont und den anderen Gedenkstätten um Verdun den Teilnehmern das damalige Geschehen erklären. Noch heute sieht man Laufgräben, Granatentrichter, ausgedehnte Wälder, auf den durch die Schlacht unfruchtbar gewordenen Flächen und unendlich ausgedehnte Gräberfelder. Wie schrecklich muss das Geschehen gewesen sein, wenn große Hügel um viele Meter niedriger geworden sind und die Sanierung der Schlachtfelder nach dem Kriege 11 Jahre beanspruchte?
Auch Reims, die Hauptstadt der Region, hat unter den Kämpfen sehr gelitten. Nun steht die Stadt wieder erneuert da und präsentiert sich königlich, etwa in ihrer Krönungskathedrale, aber als Universitätsstadt auch jung und lebendig. Hier werden die deutschen Reiseteilnehmer bereits von einer Delegation unserer Freunde aus Châtillon erwartet. Sie begleitete bis zum Sonntag die deutsche Reisegruppe. Gemeinsam genießt man zunächst den Aufenthalt in Reims. Es ist eine Stadt, die von allem etwas bietet: Die Unterkunft in einem etwas verträumten Hotel im Zentrum der Stadt, eine kompetente Stadtführung, ein ausgedehntes, typisch französisches Menü. Am nächsten Morgen fand ein Bummel durch die Stadt „auf eigene Faust“ statt. Zum Beispiel in die Carnegie-Bibliothek der Stadt in ihrem sehr sehenswerten Art-deco-Gebäude. Überraschend lebendig und schön sind immer wieder die Märkte unter einem großen Dach, wie man es von unserer Partnerstadt Châtillon her kennt. In der Nähe des Marktes findet sich auch eine ansprechende Gastronomie, wo die Städter nach getanem Einkauf in fröhlicher Runde, einen kleinen Champagner in der Oktobersonne genießen.
Épernay heißt das erste Ziel des nächsten Tages. Mit dem Besuch des Champagnerkellers von Mercier taucht man ein in die Gründungszeit der großen Kellereien im 19. Jahrhundert. Beeindruckend sind die tief unter der Erde gelegenen Lagerräume. Allein Mercier verfügt über einen Keller mit 18 km langen Gängen. Dann ist da aber auch eine Straße mit herrschaftlichen Villen der ehemaligen „Champagnerkönige“. Heute strahlen die Gebäude eine Wehmut vergangenen Glanzes aus. Der Tag klang mit einem Menü in Chalons-en-Champagne aus. Am nächsten Vormittag konnte dann die Stadt mit ihrer prächtigen Kathedrale und dem großen Park noch näher betrachte werden.
Schon vom Stadtrand her zeigte sich den Weiterreisenden die außerhalb, in ländlicher Umgebung liegende, kleine Basilika Notre Dame de l’Épine. Es ist ein bescheidenes, aber sehr schönes Zeugnis frühester Gotik in seinem Ursprungsland. Und weiter ging es zum nächsten Höhepunkt der Reise, der bei uns – zu Unrecht – kaum bekannten Stadt Troyes. Eine erfahrene Stadtführerin zeigte der Gruppe die verborgensten Winkel dieser alten Fachwerkstadt. Liebevoll werden dort die überwiegend aus der Renaissance stammenden Gebäude renoviert. Manchmal, in einer der engen Passage zwischen den Gebäuden, glaubten die Besucher sich in einem Traboul von Lyon zu befinden. Hier in Troyes war auch die richtige Kulisse, um mit den französischen Freunden einen letzten gemeinsamen Kaffee vor dem Abschied zu trinken – natürlich auf dem Hauptplatz vor dem Rathaus.
Die Rückfahrt führte zunächst auf kleineren Straßen durch den Nationalpark Fôret d’Orient. Große und kleinere Seen lagen an der Straße und auf den Feldern stolzierten Kraniche. Waren es nicht diejenigen, die man erst vor wenigen Tagen über Wächtersbach in Richtung Süd-West hinwegfliegen sah? Hier in der Seenplatte der Champagne stärkten sich die stolzen Vögel nochmals für ihren Weiterflug nach dem Süden.
Für die Reisegruppe aus Wächtersbach lag auf dem Rückweg nach Hause noch das Porzellanmuseum der Firma Villeroy und Boch in Mettlach. Hier lohnte ein Besuch des historischen Museumscafé. Es ist im Stil des berühmten Dresdner Milchladens aufwändig gestaltet und vom Boden bis zur Decke mit Fliesen dekoriert.
Maru Freund